Kein Greenwashing für Strom aus Atomkraft und Gas – Offener Brief an die Bundesregierung

Das Klimabündnis Karlsruhe fordert die Bundesregierung in einem Offenen Brief auf, gegen die Taxonomie-Entscheidung der EU-Kommission zu klagen. Hier der Wortlaut des Briefes:

Offener Brief

Kein Greenwashing für Energieerzeugung aus Atom und Gas!

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz, sehr geehrter Herr Minister Habeck,

Ihre Regierung nimmt für sich in Anspruch, die Klimaziele gemäß den Beschlüssen der Pariser Klimakonferenz von 2015 umsetzen zu wollen. Das Klimabündnis Karlsruhe, dem mehr als sechzig zivilgesellschaftliche Organisationen aus Stadt und Region Karlsruhe angehören, misst Sie an diesem Versprechen und begrüßt deswegen, dass die Bundesregierung der Einordnung der Atomkraft als nachhaltige Technologie im Rahmen der EU-Taxonomie widersprochen hat. Wir lehnen Investitionen in neue Atomkraftwerke oder die Ertüchtigung bestehender Atomanlagen sowie alle Bestrebungen zur Renaissance der Atomkraftnutzung entschieden ab. Diese Katastrophentechnologie als nachhaltig einzustufen, ist ein Widerspruch in sich. Die Förderung von Investitionen in die weitere Atomkraftnutzung würde der Erreichung der Klimaziele nicht nur nicht nutzen; durch Fehlleitung erheblicher Geldmittel würde sie ihr in unverantwortbarer Weise direkt schaden. Deshalb fordern wir eine Klarstellung der Bundesregierung dahingehend, dass sie gegen eine Aufnahme der Atomkraftnutzung in die EU-Taxonomie klagen wird, so wie Österreich dies bereits angekündigt hat.

Die gleichen Maßstäbe wie bei der Atomkraft legen wir auch bei der Nutzung von Gas aus fossilen Quellen an. Wir protestieren entschieden dagegen, dass die Bundesregierung der Einstufungen von Erdgas als nachhaltig im Rahmen der Taxonomie nicht nur zustimmen, sondern die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Einschränkungen offenbar sogar noch aufweichen möchte.
Wie auch Ihnen bekannt sein muss, ist der angebliche Vorteil der Nutzung von fossilen Gas gegenüber Kohle nicht mehr gegeben, sobald man die Auswirkung der überaus klimaschädlichen Methan-Leckagen bei Gewinnung und Transport des Gases berücksichtigt. Dies gilt für das überwiegend durch Fracking gewonnene Gas aus Amerika genauso wie für Gas aus russischer Produktion. Vor einem Jahr wurde dies durch eine von Scientists for Future vorgelegte Studie nochmals umfangreich belegt.
Weitere Studien, welche die Entwicklung des Bedarf für Gas aus fossilen Quellen realistisch einschätzen, machen deutlich, dass der von der Bundesregierung weiterhin angestrebte Ausbau der Gasinfrastruktur unnötig ist und die notwendigen Investitionen in den Ausbau der erneuerbaren Energien auf fatale Weise zu blockieren droht.
Wir fordern Sie deswegen auf, sich von der in unseren Augen irreführenden Rede von der sogenannten Brückentechnologie in Bezug auf den Ausbau dieser Infrastruktur klar zu distanzieren. Richten Sie die Politik der Bundesregierung klar auf die notwendigen Investitionen für den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien aus und setzen Sie sich dafür auch auf europäischer Ebene entschieden ein.

Der von der EU-Kommission angestrebte Beschluss gefährdet den Grundgedanken der Taxonomie als eine Art Nachhaltigkeitslabel: Wenn auch klimaschädliche und hochriskante Energieträger als nachhaltig gelten, wird das ganze Label entwertet – das hätte eine fatale internationale Signalwirkung. Nachhaltige Geldanlagen brauchen strenge, einheitliche Regeln. Die Taxonomie muss genau diese Regeln liefern und darf nicht für das Greenwashing brandgefährlicher und klimaschädlicher Investitionen missbraucht werden!

Hochachtungsvoll

gez. Sabine Hübner
SprecherInnenrat
Klimabündnis Karlsruhe”